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Mit mehreren Veranstaltungen wurde 2005 im Marianum des Kriegsendes vor 60 Jahren gedacht

  • eine Gedenkveranstaltung der Realschule
  • ein Vortrag mit Diskussion mit Prof. Dr. Wolfgang Benz, Berlin für die Oberstufe
  • eine Dokumentarausstellung “Stunde Null” im “Deisenroth-Raum”

Anlässlich den 60. Jahrestages des Kriegsendes gedachte die Realschule des Marianums in einer feierlichen Gedenkstunde in der Turnhalle  der Befreiung Deutschlands von dem Nazi-Regime.

Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 6 bis 8 zitierten Texte von Wolfgang Borchert und sprachen sich durch die Unterschrift der jeweiligen Klassensprecher gegen jegliche Form körperlicher und seelischer Gewalt an unserer Schule aus. Zudem versicherten die Schüler, dass sie tatkräftig dafür eintreten wollen, dass sich unsere Schulgemeinde verantwortungsbewusst für ein christliches Miteinander eintreten wird.

Musikalisch wurde die Feierstunde umrahmt von den Kollegen Rudi Hess und Clemens Lutz, die Lieder von Hannes Wader und Bob Dylan interpretiertern. 

Am 2. Juni 2005 fand im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Forum Marianum“ der Veranstaltungsbeitrag für die OberstufenschülerInnen des  Marianums statt.

Fachvorstandssprecher Geschichte Hartwig Höppner konnte neben dem staatlichen Schulamtsvertreter Herrn Michael Imhof, den Fördervereinsmitgliedern Marianum, der Schulleitung und Kollegen sowie der Schülerschaft der Jahrgangsstufen 10-12 den Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin, den Referenten Herrn Prof. Dr. Benz, begrüßen. 

Er ging dabei in seiner Begrüßungsrede auf das Ende des 2. Weltkriegs, der den schrecklichsten aller bisherigen Kriege verkörpert, ein und stellte dar, dass der Nationalsozialismus und der von ihm verursachte Krieg vielfältige Wirkungen und Folgen für die deutsche Geschichte hinterlassen habe. Insofern nämlich markiere das Jahr 1945 geschichtlich einen deutschen Neubeginn, der die Erinnerung an das Kriegsende vor 60 Jahren und die aus diesem Kriegsende zu ziehenden Konsequenzen aus den Erfahrungen des Krieges bewusst machen sollte. Als wesentliche Frageansätze in diesem Zusammenhang wies Herr Höppner auf den sachadäquaten Umgang der Deutschen im Zusammenhang mit den Tendenzen zur Relativierung der deutschen Schuld angesichts des alliierten Bombenholocausts hin, auf die Ausrichtung der Politik an der Schlussstrichdebatte deutscher Schuld generell sowie auf die derzeit medial diskutierte Frage, ob der Maimonat 1945 im Blick der Deutschen als „alliierte Befreiung“ oder „verlorener Krieg“ verstanden würde. Ferner skizzierte er den biographischen Werdegang von Herrn Professor Benz, der 1941 geboren, in Frankfurt/Main, Kiel und München die Fächer Geschichte, politische Wissenschaft und Kunstgeschichte studierte. 1969 – 1990 war er Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte in München. Seit 1990 ist er Professor an der Technischen Universität Berlin und Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung. 1992 erhielt er den Geschwister-Scholl-Preis. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, hat zahlreiche Veröffentlichungen zur deutschen Geschichte im 20. Jh. verfasst und ist Herausgeber mehrer Buchreihen.

Im anschließenden Referat mit dem Thema „Befreiung und Besatzung: Demokratiegründung in Deutschland 1945-49“ stellte Herr Prof. Benz in seiner ihm eigenen und für die Schülerschaft anschaulichen und lockeren Art und Weise dar, dass es im Jahre 1945 keine eigentliche „Stunde Null“ gegeben habe, sondern dass für die Deutschen unmittelbar nach der „Agonie“ des verlorenen Krieges die „Apathie“ eingesetzt habe. Damit brachte der Historiker zum Ausdruck, dass der tägliche Kampf um das Lebensnotwendigste keinen Platz für ideologische Auseinandersetzungen gelassen habe, vielmehr zur Resignation, Willenlosigkeit und Ohnmacht gegenüber den Besatzern beigetragen habe. Dadurch sei es zu einer Art Grunderschütterung gekommen, die ihren Ausdruck darin gefunden habe, dass man im Glauben an das Regime verzweifelt sei, was sich im Bewusstsein der Alliierten derart dargestellt habe, dass sie keine „Herrenmenschen“ und im weitesten Sinne keine „antialliierte Stimmung“ in Deutschland vorgefunden hätten. Aber auch angesichts eines einsetzenden Entnazifizierungsprogramms sei von den Deutschen Beschämung und Entwürdigung empfunden worden.

In einer stark von autobiographischen Eindrücken bestimmten Form beschrieb Herr Prof. Benz anschließend Aufbau und Einübung der Demokratie in Deutschland. Am Beispiel seiner Karriere als Sprecher der SV und Chefredakteur der Schülerzeitung führte er den Schülern plastisch vor Augen, dass solchen Gremien sehr hoher Stellenwert für die Errichtung demokratischer Spielregeln der 50er Jahre zugekommen sei und dass er selbst - trotz mancher Aufmüpfigkeit und schulischen Versäumnisses seinerseits - keine schulischen Nachteile seitens der Lehrer habe fürchten müssen.

Zum Schluss seines Referates ging Prof. Benz nochmals im Einzelnen auf die von der Fachschaft Geschichte an ihn herangetragenen Fragestellungen ein und verwies in der anschließenden etwa 45minütigen Diskussion mit der Schülerschaft, die wesentlich von Frau Renner und zwei Schülern der Klasse 12 geleitet wurde, sehr nachhaltig auf die Notwendigkeit und den Wert der Erinnerung an die deutsche Schuld, die die Forderung unter das Thema „Holocaust“ einen Schlussstrich zu ziehen, verbiete.

Wörtlich sagte Prof. Benz, dass „die Erinnerung das moralische Minimum darstelle, was man den Opfern schulde.“ Die Erinnerung stelle vor allem für die noch lebenden Opfer und ihre Nachkommen einen sehr hohen Wert dar, da die Opfergesellschaft unter einem völlig anderen Zeitgefühl gegenüber den Ereignissen stünde als die Tätergesellschaft (stets gegenwärtiges Trauma!). Schon deshalb sei Erinnerung Voraussetzung für Frieden und damit stärkstes Argument gegenüber der Schlussstrichdebatte mit ihren Tendenzen einer Relativierung und Verharmlosung deutscher Schuld.

Mit großer Begeisterung seitens der Schülerschaft als auch der Lehrerschaft wurde Herr Prof. Benz nach etwa 1 ½ Stunden Gesamtprogramm verabschiedet, wonach sich der Gast voller Interesse und Bewunderung für die Dokumentarausstellung „Stunde Null“ zeigte.