Kultur und Rassenwahn
Lebendige Geschichte: Schüler des Marianums präsentierten ihre Recherchen zur Weimarer Klassik und zum Nationalsozialismus im Rahmen eines multimedialen Theaterabends in der Aula.
Die Schüler der Leistungskurse Deutsch und Geschichte, Jgst.13, verdeutlichten in ihrer Inszenierung den Gegensatz der Ideale Goethes und Schillers und denen des Nationalsozialismus. Das Ideal der Weimarer Klassik, Humanität durch Bildung zu erreichen, wurde von den Nationalsozialisten abgelehnt. Schillers Ideen einer geeinten Nation deuteten die Nazis um, womit sie ihn zum Vorreiter ihrer Rassenideologie machen wollten. Später erkannten sie ihre Fehlinterpretation und verboten die Aufführung einiger seiner Dramen.
Die Schüler stellten in einer Szene dar, wie Nationalsozialisten zunächst eine flammende Rede über die Vorbildfunktion Schillers halten, dann aber den Saal stürmen und die Zuschauer verhaften, die im Sinne von Schillers Drama „Don Carlos“ Gedankenfreiheit fordern.
„Die Schüler haben sich intensiv mit dieser Entwicklung von der Kulturnation zum Rassenwahn auseinandergesetzt, auch mit der Frage nach Verstrickung und Mitverantwortung der deutschen Bevölkerung und anschließend alle Texte der einzelnen Szenen selbst verfasst.“, betonte Geschichtslehrerin Andrea Renner.
Die Akteure nutzten Musik, Licht, Fotos, Videoeinspielungen, schauspielerische Elemente, um den Zuschauern ein lebendiges Bild der im Nationalsozialismus zunehmenden Menschenrechtsverletzungen zu vermitteln. Eindrucksvoll unterstützten dies 12 Figuren des Jammers der Hanauer Künstlerin Ulrike Streck-Plath. Zunächst standen diese an KZ-Häftlinge auf dem Todesmarsch erinnernden Figuren im hinteren Teil der Bühne. In jeder Szene rückten diese Figuren weiter nach vorne, was symbolisch die voranschreitende Inhumanität ausdrückte.
„Wir waren mit den Schülern in Weimar und Buchenwald. Wir wollten das Unbegreifliche für die Schüler lebendig werden lassen und in einem zweiten Schritt auch für die Zuschauer.“, sagte Deutschlehrerin Ricarda Flicker-Auth.
Zum Abschluss spannten die Schüler einen Bogen zu den heutigen Menschenrechtsverletzungen, beispielsweise in Syrien, indem sie Zuschauer baten, jeweils eine Figur hinauszutragen.
Viele Zuschauer zeigten sich beeindruckt von der Leistung der Schüler, mit ihrer Inszenierung starke Emotionen, Nachdenklichkeit und Gesprächsbedarf im Publikum ausgelöst zu haben.
Niklas Ranze und Susanne Bachmann